Haben AIDA und DAGMAR ausgedient?
Der Wunsch und die Begehrlichkeit
Ebenso wichtig wie eine strategische Mediaplanung und deren Evaluierung sind die passenden Konzepte für die Werbewirkung und deren Beschreibung. Was geschieht im Kopf des Werbeempfängers? Wie werden Werbebotschaften zu Kaufanreizen? Wie wird der Kaufanreiz zu einem Kauf, einer Buchung oder zu einer Bestellung? Wie entstehen Wunsch und Begehrlichkeit?
AIDA anno 1898
Über viele Jahre hinweg war das 1898 (!) von Elmo Lewis entwickelte AIDA Stufenmodell ein praktischer Ansatz in der Werbepsychologie. Mit dem System „Attention-Interest-Desire-Action“ (Aufmerksamkeit, Interesse, Verlangen, Handeln) ließen sich Werbebotschaften ausrichten, evaluieren und nachjustieren. Durch eine packende Werbebotschaft wird das Interesse des Werbeempfängers geweckt und sein Verlangen nach einer Ware, Dienstleistung oder einem Angebot so stimuliert, dass gehandelt wird und ein Kauf erfolgt. Grundsätzlich ist damit auch heute viel Bandbreite der Werbepsychologie beschrieben – aber eben nicht alles. Das Modell versagt in modernen Dialogmedien und in einer diversifizierten Informationsgesellschaft, in der crossmediale Ansätze von Bedeutung sind.
Im Kontext der Zeit von Elmo Lewis betrachtet, gab es natürlich nur eine überschaubare Anzahl von Werbeknälen, die genutzt wurden. 1898 sicherlich in der Mehrzahl nur Zeitungsannoncen und Plakate bzw. Aushänge. Wie übersichtlich das doch seinerzeit war. Der Begriff „Werbeagentur“ war auch noch nicht erfunden, sondern der Anzeigenmittler war die Annoncen-Expedition, woher die auch heute noch im Printanzeigengeschäft übliche AE-Provision ihren Ursprung hat. „Annoncen-Expeditionen“ waren im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Vermittler zwischen Zeitungen und Werbetreibenden die Schaltung von Annoncen.
Hallo Dagmar, allerdings auch schon 50 Jahre alt
Ende der sechziger Jahre wurde die DAGMAR Formel (Defining Advertising Goals for Measured Advertising Results) vorgestellt. Der amerikanische Werbeforscher Russell Colley erkannte, dass die Zeit der direkten Werbebotschaft („Kaufe jetzt Tiger-Zahncreme“) vorbei war und Werbung auch eine kommunikative Aufgabe erfüllen musste („Kaufe jetzt Tiger-Zahncreme und erfreue dich an deinen strahlend weißen Zähnen“).
Im Gegensatz zu AIDA wird der Wahrnehmungsprozess näher beleuchtet. Über den Kontakt (Wahrnehmung der Werbebotschaft), Aufnahme (Erfassung der Information), Verständnis (Versteht der Empfänger die Botschaft), Speicherung (Verankerung der Werbebotschaft) und Emotion (positive Aspekte der Botschaft) soll der Weg zum Kauf führen. Dies beschreibt die Psychologie der Werbung schon sehr gut, doch seit Vorstellung der DAGMAR Formel hat sich die Medienwelt wiederum grundlegend verändert.
Wie platziert man am besten die Werbebotschaft?
Heute bedient sich modernes Marketing neben ausgeklügelter Marktforschung, Zielgruppenprofilen, Sozialwissenschaften, Geoinformationen oder auch bei Ideen aus der neuronalen Forschung, um zu verstehen wie das menschliche Gehirn auf Reize reagiert – und sich Entscheidungen beeinflussen lassen. Täglich sind wir von sehr vielen Werbebotschaften umgeben und kaufen doch nicht alles, was uns angepriesen wird. Vielleicht sind wir in diesem Augenblick nicht die passende Zielgruppe, ignorieren die Werbebotschaft oder benötigen schlicht das Angebot einfach nicht. Entscheidend ist die Werbebotschaft im richtigen Moment zu platzieren.
Frank Otto
Fazit: Wenn der Konsument versagt, kann die Werbung doch nicht schlecht sein.